Die Sorgen der Angehörigen
Angehörige zwischen Liebe und Abgrenzung
Dr. Manfred Ziepert, langjähriger Chefarzt des Landesfachkrankenhauses Stadtroda und inzwischen niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut referierte erstmals 1999 bei einer Veranstaltung unseres Landesverbandes Rheinland-Pfalz über das Dilemma der Angehörigen zwischen der Liebe und Fürsorge für ihr krankes Familienmitglied und der häufig als schmerzlich empfundenen Notwendigkeit, sich abzugrenzen.
Seither hat er diesen Vortrag in verschiedenen Regionen Deutschlands wiederholt, denn seine Gedanken treffen nach wie vor die Befindlichkeit vieler Angehörigen. Ihre Zerrissenheit "zwischen Liebe und Abgrenzung" ist heute wie damals in vielen Familien Realität.
Trauer und Zorn als lebensstiftende Kräfte
Trauer und Zorn - auf diese Gefühle ist Dr. Manfred Ziepert schon in seinem Referat "Zwischen Liebe und Abgrenzung" eingegangen. In einem weiteren Referat hat er diese Gefühle in den Mittelpunkt gestellt und ausgeführt, wie wichtig es für Angehörige ist, Trauer und Zorn zuzulassen, um aus der Überwindung dieser Gefühle neue Lebenskraft schöpfen zu können.
"Trauer und Zorn – diese Gefühle sind kein blindes Schicksal im Leben der Angehörigen psychisch Kranker. Trauer und Zorn sind wichtige Triebkräfte, die ein jeder Mensch dann und wann braucht und die gerade Ihnen helfen wollen, Lebenskraft und Lebensfreude wiederzufinden. Dies geschieht jedoch nicht im Selbstlauf, sondern nur dann, wenn Sie diesen Prozess bewusst gestalten."
Und wer fragt nach mir? Angehörige zwischen Verantwortung und Selbstbestimmung
Eva Straub leitet seit vielen Jahren eine Angehörigengruppe in Ingolstadt und engagiert sich im Landesverband Bayern und im Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker, davon in beiden Verbänden auch mehrere Jahre als Vorsitzende. Sie setzt sich mit einem Konflikt auseinander, den viele Angehörige erleben und kommt zu dem Schluss:
Es wird für Angehörige nie einfach sein, ihrem psychisch Kranken auf dem Weg durch die Krankheit hilfreich zur Seite zu stehen. Es werden immer wieder Stolpersteine im Weg liegen, dicke Brocken sogar, und dann die Kraft und den Mut zu haben, selbstbestimmt – nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Informationsquellen –, entscheiden zu können, sie wegzuräumen, sie zu übersteigen, oder sie links liegen zulassen, gibt uns Angehörigen das Gefühl freiwillig, wohlüberlegt Verantwortung übernommen zu haben und uns einen Teil Selbstbestimmung erhalten zu haben. Zu einer solchen "Angehörigenweisheit" zu kommen ist ein langer aber lohnender Weg.
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